Kunstgedanken

Die meiste Zeit meines Lebens hatte ich eine eher ambivalente Haltung zur (bildenden) Kunst. Auf der einen Seite war mir immer der handwerkliche und kreative Schaffensprozess von Bildern und Plastiken bewusst, keine Frage. Aber wir kennen auch alle diese Werke aus Galerien und Museen, bei denen man vor dem Bilderrahmen steht, den Kopf schief legt, „Hmmm“ murmelt und sich denkt: „Ja, das hätte ich mit drei auch geschafft“.

Anders ausgedrückt: Für sehr viele Jahre meines Lebens blieben mir wichtige Aspekte künstlerischen Schaffens und Ausdrucks vollkommen verborgen, weil ich mich allein auf das Resultat und das dafür notwendige Fertigkeitenarsenal konzentriert habe. Eines, das mir noch dazu vollständig abgeht, weswegen ich zwar Kunst ansehen, aber nicht zwangsweise selbst produzieren kann.

Verändert haben meinen Blick auf das künstlerische Schaffen ausgerechnet moderne Künstler*innen auf TikTok, Twitch und Instagram. Die mir klar gemacht haben, dass Kunstschaffen weitaus mehr ist, als nur mit einem Pinsel vor der Leinwand zu stehen und Motive zu kreieren. Oder sagen wir eher: dass Kunst sehr viel mehr als das sein kann.

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Herzblut

Ein plötzlicher Windstoß drückt die Holztür auf und schmettert sie krachend gegen die steinerne Wand. Der Lufthauch wirbelt durch das Gemäuer und die Flammen der Kerzenhalter an den Wänden biegen sich unter dem Eindruck der unsichtbaren Kraft von außen. Das flackernde Licht verleiht dem ansonsten fast stockdunklen Raum eine noch gespenstischere Atmosphäre. Fast schreckhaft gleitet es über die Wände hinweg, berührt güldene Rahmen und matte, in dunkle Farben gegossene Leinwände.

In der Mitte des Raumes steht die Staffelei. Ein großer, ambitionierter Holzrahmen ist darauf montiert, frisch bespannt mit einem nahezu weißen, groben Stoff. Kritisch blickt ein junger Mann auf sein Machwerk. Die einstmals freie Fläche ist nun getränkt in die Farben und Formen seiner Gedankenwelt. Ein wildes, obskures Spiel aus Landschaft und Abstraktion. Ist es eine blühende Landschaft in einer stürmischen Herbstnacht? Oder das Ende der Welt? Sind es die Wellen einer ozeanischen Reise, die das Schiff zum Kentern bringen? Künden dort die Sterne von einem Pfad zurück in die Heimat, oder sind es die Seelen derer, die keinen Weg zu finden mehr vermochten?

Mit Nachdruck presst der Künstler seinen Pinsel in die Farbe. Nein, noch entspricht das Bild nicht dem, was ihm versprochen wurde. Er fühlt nicht, was er dort auf dem Rahmen sieht, nicht in der Weise, wie er es in sich trägt. Nein, es muss anders werden. Beiläufig richtet er die Kappe, die bislang schief auf seinen Haaren hing und ihm zu Boden zu gleiten drohte, wieder zurecht. Sein lockeres, weißes Gewand trieft vor bunten Klecksen und Farben, alle wild durcheinander, die ihn selbst zu einem Kunstwerk werden lassen. Allein, ihn stört all dies nicht.

Kaum, dass der Wind nachgelassen hat, fällt die hölzerne Tür wieder ins Schloss und das Lichtermeer beruhigt sich. Die Porträts an den Wänden beobachten das künstlerische Schaffen nun wieder so, wie er es gewohnt ist. Aus dem Dunklen. Sie sehen ihn, doch er sieht sie nicht. Er sieht sie anders. Er sieht sie, wie sie wirklich sind, er braucht sie nicht mit seinen Augen zu sehen. Sie lenken ihn nur ab. Energisch schüttelt er den Kopf. „Genug!“, ruft er, zu sich selbst? Zu seinen stillen, stummen und doch so präsenten Gästen? Der Pinsel berührt mit einem sanften Schmatzen die Leinwand. Ein kräftiger Strich, eine Rundung, eine abrupte Drehung. Ja. Das fehlt dem Bild, wie hat er das bisher nicht sehen können?

Erfüllt von ekstatischer Freude über seinen Fund legt er die Farbpalette ab, den Pinsel daneben, greift nach den Farben. Dies würde sein Meisterwerk werden, daran bestand kein Zweifel. Dies würde das Werk werden, mit dem er endgültig nicht nur die Gunst seines Meisters, sondern die der ganzen Kunstwelt, der Höfe, der Könige und Reichen erlangen würde. Dies würde die Offenbarung seiner Seele werden. Ein erratisches Glucksen entringt seiner Kehle, während er einen Farbeimer nach dem anderen öffnet und Farbe auf der Palette verteilt. All die Jahre des mühvollen Schuftens, in denen er nichts anderes tat, als mit seinem Können, seinem Talent einem anderen zuzuarbeiten! Welch Schmach, welch schändliche Vergeudung seiner von Gott gegebenen Fertigkeit! Es schmatzt laut, als der Pinsel erneut in die Farbe eintaucht. Mit wilden Bewegungen vermengt er die Rohtöne miteinander, um daraus sein finales Werk zu schaffen. Sein Blick ruht starr auf der Leinwand. Auf seiner Zukunft. Seiner Legende. Seinem Nachlass.

Er blickt nicht einmal auf die Palette, als er die fertige Farbe aufnimmt, den Pinsel, einst unschuldig und leer, frei all das Material zu tragen, was Kunst zu schaffen vermag, in eine viskose, dicke Masse tränkt. Ja, er sieht es direkt vor sich. Es ist ganz klar, wie er sein Werk zu vollenden hat. Ein wilder, ungezwungener, kraftvoller Strich über die Leinwand. Ein zweiter. Mehr Farbe. Es braucht mehr Substanz. Wieder und wieder benetzt er das grobe Leinengewebe mit einer dicken Farbschicht. Er lacht. Nicht wirr, nicht klar. Befreit. Er fühlt, was er sieht, und er sieht, was er fühlt. Im Halbdunkel der wenigen Kerzen, die das Atelier erleuchten, taucht er das Kunstwerk in einen breiten, rostigen Glanz aus Braun, gleich dem Ton getrockneten Blutes.

Als sich die Tür in das Atelier das nächste Mal öffnet, ist es still. Das warme, freudenspendende Sonnenlicht eines güldenen Morgens dringt durch den Torbogen in den Raum. Kein Wind, kein Sturm geht mehr, nur das leise Geräusch einer geschäftigen, lebendigen Stadt dringt aus der Ferne bis in den Raum. Mit einem wohligen Seufzer eines Mannes, der nach einer viel zu langen und unruhigen Nacht wieder zurück nach Hause kommt, betritt der Meister seine Werkstatt. „Julio?“, ruft er, während er seinen Mantel aufhängt. „Carlos?“ Schweigen. „Anita? Lesbos? Crania?“ Wo steckten sie nur. Seine Lehrlinge hätten längst hier sein sollen, doch weder geschäftige Triebsamkeit noch das übliche lästerliche Geschnatter der jungen Auszubildenden war in dem immer noch reichlich dunklen Gemäuer zu vernehmen.

Als sich der Künstler endlich dem Raum zuwendet, schweift sein Blick über die Gemälde an der Wand. Schwach nur werden sie von den immer noch brennenden Kerzen erhellt, und lediglich der schwache Widerschein des Sonnenlichts von draußen erlaubt ihm, sie beinahe zu erkennen. Sie sind nicht, wie er sie in Erinnerung hatte. Mit gerunzelter Stirn tritt er näher. Der Morgenschein. Das Abendrot. Die Kreuzkapelle. Das Winterbad. All die Bilder, sie sehen… anders aus. Als er nah genug ist, die Bilder auch im Dunkel zu erkennen, schlägt er voller Entsetzen die Hände vor den Mund.

Keines der Bilder ist, wie er es in Erinnerung hat. Nicht der güldene Morgenschein auf einem Weizenfeld lacht ihm entgegen. Nicht das glänzende Abendrot auf dem Wasser spiegelt ihn an. Sie sind verdeckt, begraben unter einer dichten Schicht aus rostig brauner Farbe. Und darauf – schmerzverzerrte Gesichter. Gesichter, so fein, so ziseliert gemalt, mit unfassbarer Präzision und dem Blick für selbst das kleinste Detail. Es sind die Gesichter seiner Lehrlinge. Sie flehen, sie betteln, sie rufen, sie schreien, und der Schmerz, die Pein, die Verzweiflung steht in ihre nackten Augen geschrieben. Dem, was davon noch übrig ist. Jedes einzelne der Bilder ist zerfetzt, zerschnitten, als hätte jemand mit einem Messer darauf eingehackt.

Der Meister atmet schwer. Ein Muskel zieht an seiner linken Seite, die Gedanken rasen ihm. Er dreht sich um. Eine dunkle Vorahnung ereilt ihn noch in der Bewegung, der er sich nicht erwehren kann. „Julio… was hast du getan?“, murmelt er. Dann fällt sein Blick in die Mitte des Raums. Dort steht die Staffelei. Ein großer, ambitionierter Holzrahmen ist darauf montiert, überzogen mit einer frischen Leinwand. Dunkle Farben lassen ein wildes, emotionsvolles Bild darauf erkennen, ertränkt durch den matten Glanz rostroten Blutes. Darauf ein Gesicht. Julio. Er lacht und schreit, gefangen in einer ekstatischen Mischung aus Begeisterung und ewigem Schmerz. Gefangen für die Ewigkeit.

Mit einem leisen Knall fällt die Holztür wieder ins Schloss.

Anmerkung

Vor mehr als 10 Jahren habe ich diese Geschichte in ähnlicher Form schon einmal auf meinem Blog verfasst und veröffentlicht. Damals gefielen mir das Setting und die Idee wahnsinnig gut. Leider ist der Text im Zuge eines Webseiten-Relaunch abhanden gekommen, doch die Idee dahinter habe ich bis heute nicht vergessen – und jetzt beschlossen, sie in neuen Worten, mit mehr als zehn Jahren Lebenserfahrung mehr, erneut auf digitales Papier zu bringen. Ganz gleich, was man also in die Geschichte interpretieren mag: Vor allem ist sie für mich die Umsetzung eines Vorhabens, das ich seit mehr als zehn Jahren aufgeschoben habe.

Fasnacht z’Basel: Impressionen eines Unwissenden

Die Fasnacht zu Basel ist eine Institution. Nicht nur, weil sie als größte Fasnacht der Schweiz eine ganze Woche nach den Faschings- und Karnevalsevents in Deutschland stattfindet, die Schweizer somit also noch bisserl länger was von der frohsinnigen Natur haben. 2017 wurde sie gar zum immateriellen UNESCO Weltkulturerbe erhoben. Und inzwischen verstehe ich sogar, warum.

Jetzt ließe sich hier eine ganze Menge an historischem Wissen unterbringen. Etwa, dass die Fasnacht schon ziemlich lang existiert und – kaum eine Überraschung – noch einmal ordentliche Draufgängerei bedeuten sollte, bevor die kirchlich auferlegte Fastenzeit zu greifen begann. Oder, dass die Fasnacht lange Zeit auch in der Schweiz FasTnacht, also mit t, geschrieben wurde. Eine Folge der Einführung der deutschen Standardsprache, derer man sich wenigstens in diesem Falle aber 1925 direkt wieder entledigte. Ein Hinweis, der dem scharfäugigen Betrachter selbst 2024 noch auf wenigstens einer der Laternen (siehe unten) thematisiert auffallen dürfte.

Daran anschließen ließe sich eine detaillierte Beschreibung der vielen Eigenarten der Basler Fasnacht, die zahlreichen Namen, Beteiligten, Handlungen, natürlich auch die Unterschiede zur artverwandten deutsch-rheinischen Besäufnisorgie. Allein, mich dünkt, Wissendere als ich Zugezogener finden sich zahlreich im Netz, denen man solch Wissen entlocken kann. Etwa direkt die Seite vom Fasnachts Comité!

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Book Review: Joanna Chambers/Sally Malcom – Total Creative Control

⭐⭐⭐⭐▪

Ein kurzer Job um die Zeit bis zum Studium zu überbrücken, etwas Geld zu verdienen UND noch dazu für den Mann zu arbeiten, der die eigene Lieblings-TV-Serie produziert? Kein Deal, den der junge Aaron Page abschlagen kann, und so wird er temporär zum Personal Assistant von Lewis Hunter. Zum Glück soll sein Intermezzo dort ohnehin nicht lange dauern – denn dessen cholerische Art ertragen die wenigsten seiner Assistenten mehr als ein paar Tage, bevor sie frustriert kündigen.

Drei Jahre später ist Aaron noch immer bei RPP, arbeitet noch immer für Lewis. Und könnte glücklicher kaum sein. Er kocht Tee, kauft das Mittagessen, organisiert Termine, richtet die Technik – aber er darf Lewis auch beim Schreiben der Scripts für die Show helfen. Dass Lewis nebenher auch noch unverschämt gut aussieht, ist ein angenehmer Bonus. Alles scheint gut zu laufen, bis die Serie in die USA expandieren soll. Ein Exekutivmeeting steht an, ein gemeinsames Wochenende auf einem Chalet etwas außerhalb. Es drohen Konflikte, Streit, Emotionen und schwerwiegende Änderungen am Script. Sowohl für die Show. Als auch zwischen Aaron und Lewis.

Achtung: Der nachfolgende Beitrag enthält Spoiler, bis hin zum Ende der Geschichte. Wer das Buch also noch nicht gelesen hat, gerne aber noch lesen würde, für den ist dieser Beitrag nichts!

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Book Review: Alexis Hall – Husband Material

⭐⭐⭐⭐⭐

Nach zwei Jahren ist die Beziehung zwischen Luc und Oliver immer noch so aufregend, romantisch und intensiv wie zu Beginn – also wie zu Zeiten, als sie beide noch herausfinden mussten, ob sie Boyfriend Material sind. Obwohl sie immer noch so verschieden sind wie Tag und Nacht haben sie gelernt miteinander zu leben – selbst, wenn Luc das dreckige Geschirr nicht wegräumt und Oliver die größte Freude beim alljährlichen Küchenputz zu empfinden scheint.

Das Gute an einer stabilen Beziehung ist, neben den gemeinsamen Abenteuern im Bett, dass man sich nicht mehr nach einer Begleitung für etwaige soziale Anlässe umsehen muss. Das gilt insbesondere und vor allem für die zahlreichen Hochzeitseinladungen, denen sich Luc plötzlich ausgesetzt fühlt – alle um ihn herum scheinen heiraten zu wollen! Und irgendwann drängt sich von ganz allein die Frage auf – sind Luc und Oliver vielleicht auch richtiges Husband Material?

Achtung: Der folgende Beitrag enthält Spoiler! Wer das Buch also noch nicht gelesen hat und etwas für eine wunderschöne Gay Romance Novel übrig hat, dem empfehle ich jetzt sofort diese Seite zu schließen, das Buch zu bestellen und zu lesen.

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Book Review: Alexis Hall – Boyfriend Material

⭐⭐⭐⭐▪

Wieder eine Party, auf die er keine wirkliche Lust hat, wieder ein süßer Typ, der ihn anflirtet – doch obwohl er sich nichts mehr wünscht, kann sich Luc nicht darauf einlassen. Noch einer, der sich nur auf ihn einlässt, um kurze Zeit später sein Privatleben für gutes Geld an die Regenbogenpresse zu verkaufen? Das Interesse der Klatschblätter am niederlagenreichen Liebes- und Sexleben des Rockstar-Sprößlings ist jedenfalls ungebrochen.

Als er aufgrund seines unsteten Lebenswandels auch noch droht, seinen Job zu verlieren, bleibt Luc O’Donnell nur ein einziger Ausweg: er muss so schnell wie möglich einen respektablen Freund an Land ziehen und die Öffentlichkeit von seiner persönlichen Besserung überzeugen. Seine beste Freundin Bridget kennt dafür genau den richtigen: Oliver Blackwood. Anwalt, gutaussehend, eloquent, gebildet, schwul und aktuell Single. Und selbst gerade auf der Suche nach einer Begleitung zur Rubinhochzeit seiner Eltern. Obwohl die beiden verschiedener kaum sein könnten und sich auch nicht wirklich mögen, vereinbaren sie eine temporäre „fake“ Beziehung. Und lernen sich dabei besser kennen, als sie vermutlich gedacht hätten.

Achtung: Das folgende Beitrag enthält Spoiler! Wer das Buch also noch lesen möchte, sollte jetzt dringend einen anderen Beitrag suchen, oder besser noch das Buch kaufen und selbst lesen! Was ich sehr empfehlen kann!

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Wahlrechtsreform in Deutschland

Das Jahr 2024 beginnt nicht weniger turbulent, als das Jahr 2023 aufgehört hat. Aber zwischen Energieumlagen, Heizungsgesetzen, Migrationsdebatten und faschistischen Geheimtreffen zur Deportation von Bundesbürger*innen geraten andere Themen unweigerlich in den Hintergrund, auch solche, die deshalb natürlich nicht weniger Tragweite haben.

Dazu gehört zweifelsohne die Wahlrechtsreform, die im März 2023 mit den Stimmen der drei Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP verabschiedet worden ist. Eine Reform, die einen äußerst grundlegenden Aspekt unserer Demokratie verändert: die Art und Weise, wie unsere Stimmen am Wahltag die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags und somit unsere politische Repräsentation beeinflussen.

Ich fand das Thema schon damals, als es in den Medien heiß diskutiert wurde, recht komplex. Grund genug, sich dem Thema noch einmal anzunehmen und zu überlegen, was genau da eigentlich passiert ist.

Disclaimer: Ich möchte betonen, dass ich kein Politiker und kein Politikwissenschaftler bin. Sondern lediglich ein Bürger, der Interesse an diesem sehr grundsätzlichen Vorgang hat und sich daher Gedanken darum macht, was das bedeutet und bedeuten kann. Sollten meine Ausführungen Fehler enthalten, sowohl faktischer als auch logischer Natur, bin ich für jeden Hinweis sehr dankbar. Fehler werden demzufolge auch transparent korrigiert.

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Book Review: Casey McQuiston – Red, White & Royal Blue

⭐⭐⭐⭐⭐

Eigentlich läuft alles bestens für Alex Claremont-Diaz – der attraktive junge Latin American kommt bei den Frauen gut an, er versteht sich wunderbar mit seiner Schwester June und ihrer gemeinsamen Freundin Nora. Oh, und außerdem ist er auch noch der FSOTUS, der First Son of the United States, Sohn der Präsidentin Ellen Claremont.

Nur auf seine alte Nemesis, Prinz Henry Fox-Mountchristen-Windsor, Zögling des königlichen Hauses in Großbritannien, auf eben den hätte er gut verzichten können. Ein unausstehlicher, hochnäsiger Typ, der sich durchgehend als feinster Saubermann gibt. Wenig ahnt er bei ihrem ersten Wiedersehen nach langer Zeit, dass dies der Beginn einer aufregenden emotionalen Reise sein würde…

Achtung – dieser Beitrag enthält Spoiler zu Casey McQuiston – „Red, White & Royal Blue„. Wer das Buch noch nicht gelesen oder den Film noch nicht gesehen hat, sollte sich vorab überlegen, hier weiter zu lesen.

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Leseprobe – „Bock auf Sushi“

Vor einigen Jahren war ich Teil einer Pen&Paper-Rollenspielgruppe aus München und Umgebung (an dieser Stelle HI, falls jemand aus der Gruppe das liest!). Wahnsinnig, wie wir waren, haben wir uns damals nach einigen Runden DSA (Das Schwarze Auge) dazu entschlossen, der dystopischen Cyberpunk-Welt von Shadowrun eine Chance zu geben. Eine Welt in der Zukunft, die vor allem von gierigen Megakorps beherrscht wird, in der Technik und Magie eine Rolle spielen und neben Menschen auch Zwerge, Elfen, Orks und Trolle die Welt beheimaten. Shadowrun ist ein sehr populäres Universum, vor allem in den USA (und in Seattle), und zuvorderst auch eines der komplexesten Rollenspielsysteme, die ich bislang je antesten durfte.

Warum erzähle ich das alles? Inspiriert von dieser Welt habe ich damals begonnen, ein eigenes kleines Buch zu schreiben. „Schatten der Vergangenheit“, so heißt der Arbeitstitel offiziell. Es ist die Geschichte eines jungen asiatischen Deckers (ein Hacker in der Welt von Shadowrun), der gemeinsam mit einigen Kollegen versucht, einen Job zu erledigen: einen Einbruch in den digitalen Server des Hong Kong Police Departments. Natürlich läuft das nicht ganz wie geplant, natürlich müssen sie fliehen, und Andrew „B1NARY“ Shen, wie unser Protagonist heißt, flüchtet zuerst einmal zu seinem Ex-Freund Wei.

Ihr seht, ein bisschen Inhalt gibt es schon, tatsächlich bin ich mit dem Prolog und dem ersten Kapitel bereits sehr zufrieden. Leider hat sich über die Jahre das Projekt immer tiefer in meiner Schublade vergraben.

Als ich neuerdings aber auf der Suche nach einem Text war, um eine Leseprobe meiner Stimme aufzunehmen, bin ich wieder über diesen Ordner gestolpert. „Warum nicht?“, dachte ich mir. Warum nicht einen kleinen Ausschnitt aus dem Prolog aufnehmen? Schauen, wie sowohl meine Stimme als auch meine Geschichte ankommt?

Deswegen findet ihr auf Youtube jetzt einen Audiobeitrag (3:17 Minuten Länge), in dem ich euch die erste Seite meines „Buches“ präsentiere. Warum er „Bock auf Sushi“ heißt, das erkläre ich euch in diesen Zeilen am besten einfach selbst. Viel Spaß beim Anhören!

Stephan M. Unter – „Bock auf Sushi“ – eine Leseprobe

Neues Jahr. Und Vorsätze.

Kennt ihr diese unangenehme Phase am Anfang eines Jahres, so zwischen 5. und 10. Januar, in der man nie ganz genau weiß, ob es sich eigentlich noch schickt ein „Frohes Neues!“ zu wünschen, wenn man jemandem zum ersten Mal im neuen Jahr begegnet?

Sei’s drum, heute ist der 22. Januar, und beim Sport kam mir der grandiose Gedanke, ein uraltes Projekt aus den digitalen Untiefen zu holen und zu reaktivieren. Diesen Blog. Gewissermaßen ein Revival passend zum, mehr oder weniger, Jahresbeginn.

Ein Revival?

Tatsächlich ist dieser Blog, verteilt über mehrere Phasen und Domains, schon etwas älter. Als die erste Version 2005 entstand war ich noch ein putziger kleiner Gymnasiast, intensiv in der SchülerMitVerwaltung (SMV) meiner Schule engagiert, und brauchte ein Vehikel, um kurze, pointierte Texte über Dinge zu publizieren, die mich entweder in der Schule oder auch anderweitig beschäftigen. Haupttreiber waren vermutlich meine Mitschüler*innen, die damals sehr davon überzeugt waren, ich könne gut und unterhaltsam schreiben.

Im Laufe der Zeit gab es mehrere „Relaunches“ – neue Themenbereiche, neue und qualitativ bessere Texte, mehr Struktur, mehr Regelmäßigkeit. Wie das so ist bei langlebigen, organischen und vor allem privaten Projekten braucht es hin und wieder einen Neustart. Insofern findet man hier heute auch keine alten Texte mehr von mir. Ich bin mir relativ sicher, gesamtgesellschaftlich ist das kein großer Verlust. Aber ich gebe auch zu, ein bisschen bedauere ich, dass ich heute nicht mehr nachlesen kann, was mein 17jähriges Ich damals so für wichtig empfunden hat.

Vorsätze für das neue Jahr

Ich gehöre zu diesen Menschen, die schon im Verlauf des Dezembers voller Vorfreude damit beginnen, sich ganze Listen mit Vorsätzen für das neue Jahr zu erstellen. Für mich ist vor allem der Jahreswechsel immer wieder ein perfekter Moment, innezuhalten, zu reflektieren. Und vor allem auch meine Weichen neu zu stellen. Was habe ich für das neue Jahr alles vor? Welche Probleme muss ich angehen? Welche Chancen möchte ich mir erarbeiten? Bin ich, wo ich sein möchte? Und wo möchte ich noch hin?

Ergo habe ich mir auch für 2024 eine Reihe von Zielen gesetzt, die ich gerne erreichen möchte. Manche davon sind „geschenkt“ – dass ich mich darum kümmern muss, steht ohnehin fest. Trotzdem bedeuten sie große Meilensteine in meinem Leben, weswegen ich sie gerne mit in die Liste aufnehme. Andere Ziele sind hingegen ganz basaler Natur. Wichtig ist für mich vor allem, dass die Ziele quantifizierbar sind. Entweder müssen es Zielsetzungen sein, die man am Ende des Jahres klar mit Ja oder Nein beantworten kann. Oder es gibt numerische Zielvorgaben, anhand derer man beurteilen kann, wie gut ich bislang dabei bin.

Eine kleine Auswahl meiner Ziele für 2024:

  • 12 Bücher lesen – das klingt nach wenig, aber ich habe üblicherweise nicht so viel Zeit und Ruhe, ganze Romane zu lesen. Die meiste Zeit konsumiere ich Nachrichten oder akademische Texte. Deswegen sind mit „Büchern“ hier explizit prosaische Werke gemeint, die nichts mit meiner Arbeit zu tun haben, die keinen akademischen Hintergrund haben.
  • Bretter, die die Welt bedeuten – seit Jahren frage ich mich, ob ich theoretisch das Zeug zum Schauspieler hätte. Immerhin wollte ich ursprünglich (unter anderem) einmal Musicaldarsteller werden. Aber könnte ich das überhaupt? Kann ich mir lange Texte merken, kann ich glaubhaft Emotionen transportieren und mit anderen Menschen gemeinsam nach einem vorgelegten Skript interagieren? Deswegen möchte ich 2024 gerne erkunden, ob das ein potentieller Weg für mich gewesen wäre.
  • 10 Kurzgeschichten schreiben – prosaische Geschichten habe ich als Jugendlicher und junger Erwachsener gerne und ausgiebig geschrieben. Ich würde sogar behaupten, dass ein paar ganz gute Sachen dabei waren. Leider habe ich das über die Jahre aus den Augen verloren. Dabei gäbe es inzwischen so viele Dinge auch aus meinem eigenen Leben, die ich gerne ein bisschen literarisch verarbeiten würde. Wozu also aufschieben – 2024 einfach machen.
  • 5 Song aufnehmen – nicht, dass ich selbst Songs schreiben würde. Ich bin zwar leidlich musikalisch, aber ich kann weder Komponieren noch verstehe ich etwas von der Produktion von Musik. Bin ich ein guter Sänger? Vielleicht war ich das mal, inzwischen bin ich vollkommen aus der Übung. Aber ich würde schon gerne versuchen, ein paar von meinen Lieblingssongs so aufzunehmen, dass ich mir die Songs am Ende gerne auch selbst anhören möchte.
  • 3 brauchbare und 1 hyperrealistisches Bild zeichnen – Ende letzten Jahres habe ich meine Leidenschaft für Bleistiftzeichnungen wiederentdeckt (ich fürchte, von Farbmalereien verstehe ich nicht viel). Über das Jahr hinweg würde ich es gerne schaffen, drei Bilder zu zeichnen, die ich mir selbst auch an die Wand hängen würde. Unterschiedliche Bilder idealerweise – ich dachte an eine Landschaft, eine technische Zeichnung, vielleicht auch noch ein Tier. Darüber hinaus möchte ich unbedingt lernen, wie man mit Bleistift hyperrealistisch zeichnen kann. Also so, dass Leute am Ende da stehen und sich wundern, ob es ein Foto oder eine Zeichnung ist. Ob ich das schaffe, weiß ich natürlich nicht – aber ein bisschen Challenge darf schon sein. 😉 Das wird vermutlich ein Portrait werden. Vielleicht von Captain America.
  • Heiraten – ganz klassisch darf in keiner Liste mit Neujahresvorsätzen das Unerreichbare fehlen.
  • Mein Doktorat abschließen – das ist eines dieser Dinge, die ohnehin geschehen müssen. Aber es ist schon kein kleiner Schritt, so ein Doktorat zu einem (hoffentlich guten) Ende zu bringen. Zumindest fühlt es sich aktuell wie ein fast unschaffbarer Schritt an. Aber auch das gehört zu einem Doktorat dazu. Das ist ein bisschen wie ein rite de passage. Das Leiden gehört dazu.

Das ein kleiner Ausschnitt aus meiner Liste – ich fürchte, da habe ich mir einiges vorgenommen für 2024! Die Wiederbelebung dieses Blogs gehörte übrigens lustigerweise nicht dazu. Aber das ist ein guter Ort, um die Kurzgeschichten direkt zu veröffentlichen. Und hin und wieder, vermutlich zu Monatsbeginn, ein kleines Update dazu zu geben, wie es aktuell um die Ziele steht. Und wenn es nur als Log für mich selbst dient.