Rollenspiel: Endres Corin – Charaktergeschichte

Die nachfolgende kurze Geschichte war Teil einer Bewerbung auf einem online Rollenspielserver. Ich wollte einen Magier spielen, der später Teil einer guten/“lichten“ Magierakademie werden sollte. Die Geschichte sollte daher beschreiben, woher der Charakter kommt, wie er so ist und agiert. Und zum anderen sollte der Moment beschrieben werden, in dem zum ersten Mal seine magische Befähigung zum Ausbruch kommt. Und weil ich es nicht lassen kann, spielt in diesem Fall eine unerfüllte Liebe zu einem anderen jungen Mann eine essenzielle Rolle. Die Bewerbung wurde übrigens angenommen, und Endres wurde bereits an der Magierakademie aufgenommen.

Endres Corin stammt aus einfachen Verhältnissen. Aufgewachsen ist der junge Mann als drittes von insgesamt acht Kindern in einer Handwerkerfamilie in einem recht kleinen und unbedeutenden Dorf am Rande eines Lehens. Selbst der Lehnsherr kümmert sich nur wenig um die dortigen Anwohner und ihre Belange, tragen sie doch wenig zum Reichtum der Landeskasse oder zur Erheiterung der adeligen Gemüter bei. Und so gehen die Anwohner*innen tagtäglich ihrem eigenen Treiben nach, größtenteils abgeschieden vom Rest der Welt, und nur selten belastet von Steuereintreibern oder sonstigen Forderungen aus der Ferne. Nur hin und wieder verirrt sich ein reisender Bote auf dem Weg in eine andere Stadt in das Dorf und erzählt auf dem Dorfplatz von den Geschehnissen in der Welt, verbreitet den neuesten Klatsch und Tratsch und wundert sich, warum er vorher noch nie von diesem Weiler gehört hatte. Für die Leute dort kein großes Problem – sie leben gemütlich ihr eigenes Leben, größtenteils autark.

Für Endres bestand der größte Teil seines bisherigen Lebens daher aus anstrengender körperlicher Arbeit, entweder in der Beflissenheit, seinem Vater in der Werkstatt zur Hand zu gehen, oder um seiner Mutter im Haushalt zu helfen. In Zeiten der Aussaat oder der Ernte steht er auch schon einmal mit den anderen Jungen und Mädchen auf dem Felde, um den Nachbarn zur Hand zu gehen, gegen entsprechende Entlohnung natürlich. Für die ganze Familie ist klar, dass er eines Tages das Handwerk seines Vaters übernehmen und seinen Weg in der Welt suchen wird, in einem anderen Dorf, einem anderen Land, wie man das so macht als Handwerker, auf langen Reisen um so die Grundzüge des handwerklichen Schaffens zu erlernen.

Endres war schon immer ein relativ zurückgezogenes, scheues Kind. Er hat nur wenige Freunde. Es fiel ihm schon immer schwer, auf andere zuzugehen und sich ihnen zu öffnen, ihnen gar vollends zu vertrauen. Ein Mädchen, Aleidis, das zwei Häuser weiter wohnte und immer sehr fasziniert von ihm zu sein schien, auf eine ganz platonische, kindliche Weise, war irgendwie anders. Irgendwann hatte sie begonnen, ihm Geschichten und Geheimnisse zu erzählen, während er am Arbeiten war, und er hatte erst nur schweigend zugehört. Irgendwann fing auch er an zu reden, erzählte ihr von seinen Träumen, Wünschen, Gedanken. Davon, dass er eines Tages Handwerker sein würde wie sein Vater. Aber auch, dass ihn das Handwerk nicht wirklich interessiere. Dass er weggehen wolle. Dass er sich einsam fühlte. Es fühlte sich mit ihr irgendwie richtig an, und die beiden teilen seither sehr viele ihrer inneren Stürme. Aleidis ist bis heute die einzige Person nebst seiner eigenen Mutter, der er sein Innerstes anvertraut.

Sein zweiter bester Freund ist ein Junge aus dem Dorf, Berit, den er vom ersten Tag an faszinierend fand, und mit dem er die meisten seiner Abenteuer abseits des heimischen Herdes erlebte. Seien es Ausflüge in die Umgebung, ein imaginärer Kampf gegen die Horden des Bösen, oder der Versuch, Bäuerin Jaschka vom anderen Ende des Dorfes ihren frischen Apfelkuchen zu stehlen. Diese innige Freundschaft erlebte jedoch eine turbulente Phase, als sie alle notgedrungen älter wurden, die Pubertät durchlebten und Endres erkennen musste, dass er für seinen Kindheitsfreund mehr empfand als reine Freundschaft. Nicht nur, dass Endres schwerlich zu begreifen vermochte, wie ihm geschah, und was an ihm anders war. Es war ihm instinktiv auch klar, dass derlei Gefühle falsch und widersinnig sein mussten und er sie zu verstecken hatte – vor Berit, vor seiner Familie, vor dem Dorf, und letztlich auch vor sich selbst. Es ist vermutlich keine große Enthüllung zu konstatieren, dass ihm dies bis heute nicht so recht gelang, und er vielmehr eine unausgeglichene Koexistenz mit seinem inneren Gefühlshaushalt pflegt. Immerhin gelang es ihm, die Freundschaft zu Berit aufrecht zu erhalten.

Und so erlebten die drei Freunde all jene Phasen, die das Erwachsenwerden mit sich bringt, mit Momenten der Entfremdung und der Wiederannäherung, mit dem erwachenden Interesse an anderen jungen Menschen, ersten Erfahrungen und Experimenten. Nur Endres blieb in sich allein gekehrt, nicht nur aufgrund seiner (dem eigenen Empfinden nach) unziemlichen Gefühle, sondern schon ob seiner generellen Scheu Anderen gegenüber.

Sein Leben sollte sich drastisch verändern an einem bestimmten Tag kurz nach seinem neunzehnten Geburtstag, als er mit Berit gemeinsam auf einer kleinen Anhöhe saß um dort mit einem Schlauch Wein, den sie „ausgeliehen“ hatten, das Tagwerk zu begießen. Die beiden lachten, die beiden scherzten, und Berit erzählte ausgelassen von seinen Plänen für die Zukunft, dem Haus, das er bauen wollte, und den kleinen Kindern, die einst ausgelassen in seinem Garten spielen würden. Gewiss, ein schmerzhafter Stich in das Herz des jungen Endres, doch einer, an den er sich gewohnt hatte. Er gönnte seinem Freund alles Glück dieser Welt. Nein, nicht diese Einlassungen waren es, die sein Leben grundlegend verändern sollten. Sondern jener unglückliche Moment, als die beiden aufstanden und lachend, leicht angetrunken torkelnd, wieder nach unten zu steigen versuchten. Wie immer war Berit ausgelassen, fröhlich, ja tollkühn, und ging näher an der Kante, als zuzusehen selbst im nüchternen Zustand gut gewesen wäre. „Hör auf, das ist gefährlich“, lachte Endres glucksend, und „Ach was, sei keine Memme!“ gab Berit kichernd zurück. Bis, ja bis er dieses eine Mal doch einen Stein erwischte, der sich lockerte, schneller als er sein Gewicht zurück verlagern konnte, und mit einem Mal kullerte nicht nur eine steinerne Lawine, sondern auch ein junger Dorfjunge einen steilen steinernen Abhang hinunter.

Endres wurde eiskalt in diesem Augenblick. Ein solcher Absturz war gefährlich, bisweilen gar tödlich, denn der Abhang war steil und gespickt von scharfen Steinen und Geröll, die im besten Falle noch nur die Haut tief aufschürfen würden. Selbst Gemsen, in bergigem Terrain beheimatet, wurden schon aufgeschlitzt von scharfem Gestein am Fuße des Hanges gefunden. Und nun musste er hilflos zusehen, wie sein bester Freund schreiend den Abhang hinunter geschüttelt wurde. Mit jedem Schlag gegen einen Stein ein rauer, schmerzerfüllter Ruf. Ein vibrierender Ruf, der ihn bis ins Mark traf. Tränen schossen ihm in die Augen, sein Magen zog sich zusammen. „BERIT!“ schrie er, mit der Verzweiflung absoluter Ohnmacht.

Was dann geschah, verstand er selbst nicht. Wie von Sinnen und mit einem merkwürdigen, dröhnenden Vibrieren in seinem Kopf eilte er den Weg hinunter, wie sie ihn gekommen waren, behände und so vorsichtig, wie es die Eile eben zuließ. Unten angekommen lag sein Freund, blutend und mit zahlreichen aufgeschürften Wunden – auf einem strahlend weißen Bett aus sandig zermahlenem Gestein. Er atmete. Er lebte. Er stöhnte vor Schmerz. „Das war… lustig“ hustete er und wischte sich etwas steinernen Split aus dem Gesicht, ehe er sich von Endres aufhelfen ließ. Der ihn umgehend umarmte, so fest, so innig, wie man jemanden umarmt, den man für immer verloren glaubte. Er lebte. Erst, als sie sich – trotz all der Trunkenheit etwas peinlich berührt – wieder voneinander lösten, fiel ihr Blick auf den Abhang. Von jenem spitzen Geröll und Gestein, das so gefürchtet war, war nichts mehr zu sehen. Der weißliche Kalkstein hatte sich in seiner Gesamtheit in feinsten Sand aufgelöst, auf dem Berit wie von einer sanften Decke getragen hinunter ins Tal geschlittert war. „Was zum…“ keuchte Berit, als er dies sah. Doch Endres vermochte nicht zu sprechen. Er sah den Sand, sah den Hang, und er spürte das Vibrieren, auf seltsame Art und Weise konnte er den Sand… fühlen. Er ging in die Hocke, griff nach dem Sand. Und just, als seine Finger selbigen berührten, da ließ alle Anspannung in ihm ab, das Vibrieren in seinem Inneren verstummte, und in gleichem Augenblick verhärtete sich das Geröll wieder und wurde zu festem, hartem Gestein. Endres ging zu Boden, entkräftet und überwältigt von diesem magischen Ausbruch, den er gar nicht augenblicklich als solchen zu begreifen imstande war.

Nicht jeder hätte wohl gut verkraftet, einen solchen Ausbruch magischen Wirkens nicht nur miterlebt, sondern am eigenen Leibe gespürt zu haben. Und Endres war keine Ausnahme, für ihn war dieses Erlebnis schockierend, bis ins Mark. Er hatte etwas gespürt, das er noch nie gespürt hatte, diese Vibration, diese Energie, und dieses Etwas vermengte sich mit der merkwürdigen emotionalen Lage in ihm. Doch Berit? Auch Berit war kein Adelsmann und nicht weit gereist. Sie hatten merkwürdige Geschichten von Magie und Zauberwirkern gehört, natürlich, vor allem in Geschichten. Sie hatten auch selbst Abenteuer erdacht und erfunden, in denen einer von ihnen ein mächtiger Magier wäre, mal auf der Seite des Bösen, mal auf der Seite des Guten, der mit mächtigem Flammenregen alles in Schutt und Asche legen würde. Magie, das hieß vor allem Macht, Gefahr, Bedrohung und Tod. Nichts Gutes konnte von Menschen kommen, denen eine solche Macht innewohnte, da war man sich weithin sicher. Aber sein Freund, Endres, ein Magier? Und wo andere sich abgewendet, ihn vielleicht gar an den Pranger gestellt hätten, da offenbarte Berit das ganze Ausmaß ihrer Freundschaft. Stand ihm bei. Half ihm, zu begreifen, was geschehen war. Und suchte gemeinsam mit ihm nach Wegen, all dies zu ergründen.

Eine Lösung fand sich wenige Monate später: ein reisender Priester, auf seinem Weg durch die Lande um die Menschen von den guten Taten der Eluive und der Temora zu belehren. Er war ein älterer, gutmütiger Mann mit Rauschebart, einem Hang zum Bier und zu einer guten Geschichte – ganz anders als die Priester, die man sonst so aus den Kapellen und Kirchen kannte. Da fassten die beiden Jungen – und Aleidis, die inzwischen längst auch eingeweiht war – sich ein Herz und vertrauten sich dem Pater an. Der staunte nicht schlecht ob der Geschichte, und wurde nicht müde das edle Herz und die Güte der Mutter zu preisen. Ob er ein guter Junge sei, fragte er Endres, und bevor der antworten konnte, überschütteten seine beiden Freunde ihn mit Lobpreisungen. Da lächelte der Priester und erzählte von einem fernen Land, aus dem er komme, namens Gerimor. Dort gäbe es einen Konvent, unter dem wachsamen Blicke des Phanodain, an dem Magie gelehrt und geübt werde, auf dass jene, die mit der zauberhaften Fähigkeit gesegnet worden seien kein Unbill, sondern Freude und Zufriedenheit über das Land brächten. Und so ward der Weg des jungen Endres gezeichnet. Er würde nach Gerimor gehen. Er würde dort den Konvent suchen und sich erklären lassen, was mit ihm los sei. Und er würde lernen, diese Kraft dereinst zu kontrollieren. Das, so fand er, war er sich und dieser Gabe schuldig, die ihm nicht weniger als seine Jugendliebe vor dem Tod gerettet hatte.

Freundschaft

In unregelmäßigen Abständen mache ich mir Gedanken über den Begriff der Freundschaft. Wer sind meine Freunde? Wie viele Freunde habe ich? Wie eng sind diese Freunde mit mir? Das alles mündet zwangsläufig irgendwann in eine Definitionsfrage, die für mich schon allein deshalb bedeutend oder naheliegend ist, weil ich in der Vergangenheit einige sehr schöne Definitionen dafür lesen durfte, die meinem eigenen Empfinden sehr gut entsprechen.

„Freund“ ist ein Begriff, der sich über einige Jahre hinweg durch den Aufwind der Social Media Plattformen in semantischem Verfall befand. Auf Lokalisten, StudiVZ oder Facebook ist man rein terminologisch eben schon „befreundet“ gewesen, wenn zwei Profile sich nur gegenseitig verlinkt haben. Die Webseiten gibt es heute nicht mehr, sie haben keine große Relevanz mehr, oder aus dem Begriff der Freundschaft ist ein „follow“ geworden. Man verfolgt nun die Aktivitäten, den Feed einer anderen Person. Was vielleicht den Kern der Sache auch besser trifft. Schließlich spielt man in den sozialen Medien mehr Voyeur und Stalker als echten Freund.

Ich habe aber auch den Eindruck, dass diese semantische Aufweichung des Begriffs „Freundschaft“ nach einer Weile dafür gesorgt hat, dass sich die Menschen der originären Bedeutung des Wortes wieder stärker bewusst wurden. Nein, wer mir auf sozialen Medien folgt ist eben kein Freund. Nicht zwangsläufig. Er ist, wie man bisweilen feststellen muss oder darf, nicht einmal notwendigerweise wirklich an mir interessiert. Jemandem in den sozialen Medien zu folgen, das erfordert wenig Investment, wenig Kapital. Ein schneller Klick und es ist erledigt. Anschließend kann man abwarten, ob die Präsenz der Person im eigenen Newsfeed als angenehm empfunden wird, oder ob man nach kurzer Zeit doch wieder entfolgt. Freundschaft und Ghosting ohne dass der andere das überhaupt mitbekommt. Convenient.

Mit Freundschaft hat all das natürlich gar nichts zu tun. Freundschaft ist – wenigstens für mich – Ausdruck einer sehr engen, vertrauensvollen Bindung zwischen zwei Menschen. Freundschaft entsteht nicht über Nacht, sondern sie ist das Ergebnis eines Prozesses. Man trifft im Leben aufeinander, interessiert sich füreinander. Und wenn dieser gemeinsame Weg langfristiger wird und man miteinander im Gespräch bleibt, während man wandert, dann kann daraus eine Freundschaft werden.

Eine sehr prägende Variante von Freundschaft hat eine fiktive Romanfigur aus einem meiner absoluten Lieblingsbücher, Ritter Sperber aus der Fantasytrilogie „Elenium“ von David Eddings. Sperber, seines Zeichens ein Musterbild von einem Mann, tugendhaft und durchsetzungsstark gleichermaßen (allerdings mit gebrochener Nase), nutzt diesen Begriff ganz bewusst sehr selten. Er käme nicht auf die Idee, einen dahergelaufenen Mann am Straßenrand oder einen Adeligen am Hofe mit „Freund“ anzureden, auch wenn dies eine höfliche und gewinnende Floskel sein mag. Stattdessen gebraucht er den Begriff „Nachbar“. „Hey, ihr da, Nachbar, wo geht es hier des Weges?“ Nicht minder der Versuch, eine soziale Nähe zwischen beiden Personen aufzubauen, das Eis zu brechen, aber ohne eine Abwertung des Begriffs der Freundschaft. Denn diese behält Sperber den Menschen vor, die ihm wirklich als Freunde gelten. Jenen Mannen und Frauen, die ihn im Leben begleiten, die von seiner Vergangenheit wissen und die seine Gedanken und Gefühle verstehen.

Ich habe das Buch in meiner Jugend das erste Mal gelesen, und wann immer ich heute an die Elenium-Trilogie denke, dann sind es nicht Magie, Götter oder Ritter, die ich im Sinn habe, sondern genau dieser Begriff von Freundschaft. Ein Begriff, den ich zumindest innerlich sehr ähnlich handhabe.

Insofern ist der Kreis der Personen, die mir ernsthaft nah sind, die ich also als Freunde bezeichnen würde, äußerst klein. Es sind Menschen, denen ich unumwunden meine größten seelischen Schmerzen erklären kann. Mit denen ich meine Sorgen und Ängste teile. Und bei denen ich, und das ist mir vielleicht sogar das Wichtigste, nicht das Gefühl habe, dass ich ihnen irgendwie zur Belastung werde. Freundschaft bedeutet für mich, dass ich mich bei der anderen Person behütet fühle, dass mein Gegenüber mich ernst nimmt, mich sieht, und sich gerne mit mir umgibt. Ungeachtet der Zeit, die wir gemeinsam in Anspruch nehmen. Das gelingt nicht immer. Und manchmal mag ein Mensch die besten Intentionen haben, und gar all dies so empfinden, mich als Freund sehen und glauben, dass er sich mir gegenüber als bester Freund verhält, und doch ist das, was ich verspüre, eine Ablehnung, die mich weiter und weiter davon treibt, die irgendwann gar in Enttäuschung mündet.

Einen anderen Gedanken zur Freundschaft habe ich gestern ausgerechnet in Mortal Kombat 1 gefunden – ein brutales Streetfighter Game, in dem man nicht zwangsläufig tiefschürfende Weisheiten vermuten würde. Und doch sagt Li Mei dort zu Königin Sindel (wortgemäß, ich weiß um das genaue Zitat nicht mehr): in einer Freundschaft wird nicht gegeneinander aufgewogen. Soll heißen, man leistet einem Freund keine Dienste, weil man sich dafür einen Dienst erhofft. Man steht nicht in der Schuld eines Freundes. Weil eine Freundschaft keine Schulden kennt.

Was mich dann wiederum zu der Frage führt: Betrachte ich in manchen Fällen meine Beziehungen zu anderen Menschen falsch? Bin ich es, der unrechtmäßig genau solche Rechnungen aufmacht, weil ich Freundschaften falsch lebe? Oder ist das möglicherweise umgekehrt ein Erkennungszeichen dafür, dass eine Beziehung zu einem anderen Menschen echte Freundschaft ist. Wenn ich nämlich aufhöre, mir über solche Kleinigkeiten Gedanken zu machen, und einfach nur dafür sorgen will, dass es dem anderen gut geht. Wenn es mir völlig egal ist, ob mein Gegenüber mir das jemals in gleicher Münze „heimzahlen“ kann, weil unser Miteinander das Einzige ist, worauf es ankommt.

Eines noch. In meiner Welt ist Freundschaft kein sehr volatiles Gebilde. Es dauert lange, bis sich eine Freundschaft bildet, und sie erfordert einen aktiven Beitrag beider Seiten, wie auch immer der aussehen mag. Am Ende sind alle zwischenmenschlichen Beziehungen stets einzigartig, weil immer zwei sehr einzigartige Entitäten aufeinander treffen. Das heißt umgekehrt aber auch, dass Freundschaften selten einfach so zerbrechen. Das soll nicht heißen, dass das nicht vorkommen kann – wenn mir jemand bewusst, aktiv und willentlich massiv schadet, oder wenn jemand mit einem Mal Überzeugungen nachhängt, die ich aus der tiefsten Grundhaltung meines Seins heraus nicht teilen kann, dann ist die Freundschaft einer so heftigen Belastungsprobe ausgesetzt, dass sie zerbersten kann wie eine perforierte Glasscheibe unter Druck. Doch ansonsten ist für mich auch die Entfremdung ein langwieriger Prozess. Ich würde niemals jemanden nicht mehr als „Freund“ erachten, nur weil die Person für eine gewisse Zeit unnahbar wirkt oder mich nicht ernst nimmt und mir nicht zuhört. Wir alle haben solche Phasen in unserem Leben, in denen die Dinge nicht gut laufen. In denen wir gestresst und ausgebrannt sind. Oder in denen uns andere Dinge und Menschen wichtiger sind. Erst, wenn daraus langfristig das Gefühl wird, dass kein Interesse an einem Fortbestand des gemeinsamen Weges mehr ist, dann ist auch die Freundschaft vorbei. Und eine Rückkehr dorthin, ein Rückgewinn des gegenseitigen Vertrauens, ist ungleich schwerer.

Rollenspiel

„Rollenspiel“ ist ein Begriff, den man je nach eigener Sozialisierung wahlweise ins Schlafzimmer oder an den Wohnzimmertisch verorten kann. Darum sei an dieser Stelle direkt darauf hingewiesen, dass es hier nicht um die ganz privaten Fantasien hinter verschlossenen Türen gehen soll. Sondern vielmehr um ein „nerdiges“ Hobby, das vor allem Schüler*innen und Studierende schon seit vielen Jahren begeistert, sich aber auch heute noch in traditioneller Weise, vermehrt aber auch in moderner digitaler Form findet. Gewissermaßen die aktive, soziale und kreative Variante von Netflix-Bingewatching oder Videogaming.

Die Frage ist also: Was ist klassisches „Rollenspiel“ eigentlich und wie funktioniert das? Was braucht man dafür? Und wie haben sich diese Rollenspiele in der digitalen Welt entwickelt? Ein kleiner, natürlich nicht allumfassender Überblick.

„Rollenspiel“ weiterlesen

Vorsätze – das März-Update

Im Januar hatte ich eine Reihe von Vorsätzen für das neue Jahr 2024 definiert. Gemeinhin ist es ja üblich, dass man sich von diesen Vorsätzen schon wenige Tage nach Begießen des Jahreswechsels schon wieder vollständig verabschiedet und sich in die exakt gegenteilige Richtung bewegt hat. Im Gegensatz zu dieser weit verbreiteten, lieb gewonnenen Tradition versuche ich jedoch, meinen Vorsätzen so gut wie irgend möglich gerecht zu werden. Wagen wir nach zwei verstrichenen Monaten (wo zum Henker ist die Zeit hin?!) einen Blick auf die Liste:

  • 12 Bücher lesen – das hat bislang erstaunlich gut funktioniert. Fünf (!) Bücher sind bereits gelesen, die meisten davon gay romance novels, dazu noch ein Buch mit koreanischen Horrorgeschichten. Aktuell sitze ich an einem Buch mit altnordischen Mythengeschichten. Ich bin fasziniert, wie nah Marvel teilweise an der echten Mythologie dran ist. So echt Mythologie eben sein kann.
  • Bretter die die Welt bedeuten – dazu bleibt mir aktuell leider keine Zeit, das Projekt muss ich in die zweite Jahreshälfte schieben.
  • 10 Kurzgeschichten schreiben – mit Herzblut und Nachrichten sind zumindest schon zwei Geschichten geschrieben, beide hier auf dem Blog veröffentlicht und vertont.
  • 5 Songs aufnehmen – ich hab zur Zeit keine Sangesstimme. War krank. Mist.
  • Bilder malen (3 normal, 1 hyperrealistisch) – ich habe wieder ein bisschen angefangen zu zeichnen, aber bislang nichts, was ich als kunstvoll erachten würde. Mir fehlt noch ein bisschen die Idee, in welche Richtung es gehen könnte. Aber ein paar ägyptische und Science-Fiction-Motive habe ich schon hinter mir.
  • Heiraten – ich könnte nicht weiter davon entfernt sein.
  • Doktorat abschließen – zwar ist es mir gelungen, gleich zwei mit Geldern versehene Anträge bei Förderinstitutionen bewilligt zu bekommen. Unter anderem für ein PostDoc-Projekt. Aber die Dissertation bereitet mir immer noch große Kopfschmerzen.

Insgesamt also keine ganz schlechte Bilanz nach zwei von zwölf Monaten. Aber ich sollte noch etwas mehr Gas geben. Keine Ablenkungen mehr!